Milram Käse Verpackung: Shitstorm künstlich einkalkuliert?
Eine simple Käseverpackung reicht manchmal aus, um eine hitzige Debatte im Netz auszulösen. Genau das erlebt derzeit die Marke Milram. Der Bremer Hersteller DMK veröffentlichte limitierte Verpackungen, die von drei Künstlern gestaltet wurden und Menschen unterschiedlicher Hautfarben zeigen. Was als kreative und junge Ansprache gedacht war, führte zu einem rechten Shitstorm. Unter dem Hashtag #MilramBoykott verbreiten sich Boykottaufrufe, Häme und Hetze – und die Debatte erreicht ein absurdes Ausmaß.

Das Wichtigste in Kürze
- Milram bringt bis Oktober limitierte Käseverpackungen mit Motiven von Künstlern aus Hamburg, Berlin und Köln heraus.
- Auf den Packungen sind Menschen verschiedener Hautfarben abgebildet.
- Rechte Gruppen sprechen von „Umvolkung“ und rufen zum Boykott auf.
- DMK betont, die Aktion sei bewusst unpolitisch und solle Vielfalt darstellen.
- Viele Kunden unterstützen Milram und reagieren empört über die Empörung.
Warum gibt es einen Shitstorm um die Milram-Käseverpackungen?
Weil Milram limitierte Verpackungen mit Menschen unterschiedlicher Hautfarben veröffentlichte. Rechte Gruppen sehen darin eine „Umvolkungsideologie“ und rufen zum Boykott auf, während das Unternehmen betont, die Aktion sei unpolitisch und solle Vielfalt zeigen.
Bunte Käseverpackungen als Auslöser
Die Verpackungsaktion von Milram wurde ursprünglich als frischer Marketingansatz konzipiert. Mit Motiven von drei jungen Künstlerinnen und Künstlern wollte die Marke insbesondere jüngere Kunden ansprechen. Auf den Verpackungen sind zehn verschiedene Designs mit vielfältigen Menschen zu sehen. Diese Darstellung soll die gesellschaftliche Realität widerspiegeln.
Doch anstatt nur Aufmerksamkeit am Kühlregal zu erlangen, geriet die Aktion in den Fokus rechter Akteure im Internet. Schnell verbreiteten sich empörte Kommentare und Boykottaufrufe. Einfache Kunstwerke auf einer Käsepackung wurden so zu einem politischen Zündstoff. Auffällig ist, dass die Bilder bewusst bunt und freundlich gestaltet wurden, ohne jeglichen politischen Bezug. Dennoch entzündete sich an ihnen eine Welle der Hetze, die in sozialen Netzwerken zu massiver Reichweite führte.
Rechte Empörung und Boykottaufrufe
In den sozialen Medien wurde die Debatte schnell aufgegriffen. Besonders auf der Plattform X formierte sich Widerstand von rechten Nutzern. Dort kursierten Begriffe wie „Umvolkungsideologie“, „Vielfaltwahn“ oder „bewusste Falschdarstellung“. Einige Nutzer veränderten Packungen mit Filzstiften, um Gesichter zu übermalen. Andere riefen dazu auf, die Milram-Produkte aus den Kühlregalen zu nehmen und bewusst anderswo im Supermarkt abzulegen.
Auch AfD-Politiker schlossen sich der Kritik an. Vanessa Behrendt aus Niedersachsen äußerte sich abfällig über die Verpackungen. Der Hashtag #MilramBoykott erreichte zeitweise die Trends. Der Vorgang zeigt, wie schnell eine eigentlich unpolitische Gestaltung in ein ideologisches Schlaglicht gerückt werden kann.
Die Position des Herstellers DMK
Beim Deutschen Milchkontor, dem Konzern hinter Milram, bleibt man trotz der Anfeindungen gelassen. Das Unternehmen betont, dass die Aktion bewusst unpolitisch sei. Vielmehr wolle man lediglich die Vielfalt der Gesellschaft visuell darstellen. Sprecher Oliver Bartelt erklärte, dass eine Käseverpackung kein Ort sei, an dem ausschließlich „helle Gesichter“ erscheinen müssten.
Damit kritisierte er die Forderungen nach einheitlichen Darstellungen. DMK sieht in der Kampagne eine Chance, jüngere Zielgruppen anzusprechen. An den Verpackungen wolle man trotz des Shitstorms nichts ändern. Die limitierte Edition soll wie geplant bis Oktober im Handel bleiben.
Absurdität der Debatte
Viele Beobachter sehen die aufgeheizte Diskussion als kaum nachvollziehbar an. DMK-Sprecher Bartelt bezeichnete sie sogar als „an Absurdität kaum zu toppen“. Tatsächlich kritisieren zahlreiche Kunden nicht die Verpackungen selbst, sondern die künstliche Aufregung. Viele Konsumenten loben die Motive und sehen in der Kampagne einen gelungenen Schritt.
Im Netz kursieren satirische Reaktionen, in denen Milram-Produkte als „Abstandshalter zu Rechten“ empfohlen werden. Auch Vergleiche mit Selfies von AfD-Chefin Alice Weidel und ihrer Frau tauchten auf, um den Widerspruch in den rechten Argumentationen aufzuzeigen. Dadurch wandelte sich der Shitstorm teilweise in eine Solidaritätswelle mit Milram.
Reaktionen in sozialen Netzwerken
Die Empörung beschränkte sich nicht nur auf rechte Kreise. Zahlreiche Nutzer machten sich über die Kritik lustig. Auf X wurden Bilder von Milram-Packungen geteilt, die als perfekter Marketingstunt beschrieben wurden. Viele sahen darin eine Möglichkeit, neue Zielgruppen zu erschließen.
Die Debatte veränderte also die Wahrnehmung der Marke, aber nicht zwingend negativ. Während die Gegner von „Vielfalt“ zum Boykott aufriefen, kauften viele andere Nutzer die Produkte bewusst, um ein Zeichen zu setzen. Damit wurde aus einer kleinen Designaktion eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Symbolcharakter.
Milram zwischen Zeitgeist und Missverständnis
Nach Angaben von DMK greift die Aktion einen aktuellen Zeitgeist auf. Junge Zielgruppen wünschen sich Vielfalt, Kreativität und gesellschaftliche Offenheit. Genau das sollte die Kampagne transportieren. Das Unternehmen wollte keine politische Debatte provozieren, sondern lediglich moderne Verpackungen gestalten.
Dass dies von rechten Gruppen verdreht und instrumentalisiert wurde, sieht DMK als grotesk an. Der Shitstorm ist damit ein Beispiel dafür, wie unscheinbare Marketingideen in politischen Diskursen missbraucht werden können. Milram bleibt jedoch dabei, dass die Edition weiterlaufen soll.
Bekannte Beispiele gescheiterter Woke-Werbung
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Bud Light (USA, 2023): Die US-Biermarke startete eine Werbekampagne mit der Transgender-Influencerin Dylan Mulvaney. Daraufhin riefen viele Stammkunden zum Boykott auf. Die Verkaufszahlen brachen ein und Bud Light verlor die Marktführerschaft in den USA. Der Shitstorm führte zu Umsatzrückgängen und internen Konsequenzen bei der Marketingabteilung.
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Gillette (2019): Mit einer Anti-„toxische Männlichkeit“-Kampagne wollte Gillette für gesellschaftlichen Wandel werben. Die Werbung wurde von vielen als moralisierend oder heuchlerisch empfunden und sammelte doppelt so viele Dislikes wie Likes. Die Marke sah sich außerdem dem Vorwurf ausgesetzt, nicht konsequent zu seinen eigenen Botschaften (Stichwort „Pink Tax“) zu stehen.
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Target (USA, 2023): Zur Pride Season bot das Handelsunternehmen Kinder-Shirts mit Trans-Botschaften an. Es kam zu Boykottaufrufen und Millionenverlusten an Börsenwert, sodass Target Produkte wieder aus dem Sortiment nahm.
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Wiener Städtische Versicherung (Österreich, 2024): Mit einer auf Diversität und Gender ausgerichteten Werbekampagne löste die Versicherung massive Proteste und einen Shitstorm in sozialen Netzwerken aus. Viele Kund:innen kündigten öffentlich ihre Verträge.
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Jaguar (UK, 2025): Nach einer als „woke“ empfundenen Werbekampagne musste die verantwortliche Werbeagentur gehen, da die Kampagne in der Zielgruppe überhaupt nicht ankam und das öffentliche Image schadete.
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Milram (Deutschland, 2025): Die Käsemarke wurde für Verpackungen mit diversen Menschen stark kritisiert und sah sich einem Shitstorm ausgesetzt. Die Diskussionswelle entzündete sich u.a. an der Frage, ob „Woke“-Werbung bei Alltagsprodukten notwendig ist.
Gründe für das Scheitern
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Ein häufiger Kritikpunkt war ein Widerspruch zwischen Werbsoffensive und tatsächlichen Praktiken der Firma („Woke Washing“).
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Viele Konsument:innen empfanden die Kampagnen als übertrieben, bevormundend oder unauthentisch.
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Boykotte und Shitstorms in sozialen Netzwerken führten zu einbrechenden Umsätzen oder massivem Imageverlust.
Fazit
Der Shitstorm um die Milram-Käseverpackungen zeigt, wie ein schlichtes Design zur Projektionsfläche gesellschaftlicher Konflikte werden kann. Während rechte Gruppen Boykottaufrufe starten, erhält die Marke viel Zuspruch. Für Milram ist die Debatte zwar unerwartet, doch sie verdeutlicht, dass Vielfalt längst Teil des Zeitgeists ist. Am Ende könnte die Aufregung dem Unternehmen sogar mehr Sichtbarkeit und Sympathien bringen, als jede geplante Marketingkampagne.